Lange Zeit nichts geschrieben, den Kopf mit vielen Dingen voll gehabt. Jüngst hat mich aber ein Thema beschäftigt, was mir bis dato so nicht bewusst war. Die Frage nach der Herkunft eines Menschen – für mich bislang eine harmlose Frage um meine Neugier auf mein Gegenüber etwas zu stillen. Aber so harmlos ist diese Frage gar nicht wie ich feststellen musste, denn sie macht im Zweifelsfall etwas mit dem Befragten und das ist nicht immer gut.
Zunächst möchte ich einmal die Ausgangssituation, genauer meine Einstellung zu bestimmten Positionen aufzeigen, damit die geneigte Leserin und der geneigte Leser so ein wenig versteht welche Frage sich mir stellte. Für mich ist ein Mensch ein Mensch. Es spielt keine Rolle welchen Geschlechtes er ist, welchem Glauben er angehört oder wo auf diesem Planeten seine Wurzeln liegen. Ein Mensch ist ein Mensch und verdient Respekt.
Du gehörst hier nicht her
Auslöser meiner Überlegungen war die Folge „Im Bällebad der Vernunft“ des Mindclass Podcasts. Es ging um die Frage „Woher kommst Du“ wenn man jemanden fragt, der auf Grund von Sprache oder äußerlichen Merkmalen nicht vom Ort des Fragestellers stammt. Dass dies zu einem Problem werden kann war unter anderem mir tatsächlich nicht bewusst. Der Gefragte könnte diese Frage nämlich auch als Aussage verstehen: „Du gehörst hier nicht her.“
Ich bin jetzt 51 und ich muss zugeben, darüber habe ich bislang noch nie nachgedacht. Auch ich habe schon das eine oder ander Mal diese Frage gestellt, weil ich einfach neugierig war und wissen wollte, wo mein Gegenüber seine Wurzeln hatte. Selbst mir ist es in meiner Zeit in Niedersachsen passiert, dass ich gefragt wurde wo ich her komme. Denn einen deutlichen nördlichen Einschlag in meiner Sprache gehört einfach zu mir und das hört man wohl an der einen oder anderen Stelle doch heraus. Dabei habe ich aber nie das Gefühl bekommen, man wolle von mir etwas anderes außer eben diese Frage beantwortet haben. Nie habe ich da mehr reininterpretiert.
Aber das ist eben meine Interpretation, meine Empfindung dieser Frage. Fakt ist aber, andere Menschen empfinden das anders. Sie bekommen sehr wohl das Gefühl vermittelt, dass Sie nicht willkommen sind wenn ihnen diese Frage gestellt wird. Das ist nicht schön und zumindest von mir nicht beabsichtig. Und ich unterstelle einmal von den meisten Fragestellern ebenfalls nicht. Aber es passiert eben.
Böse Erinnerungen werden geweckt
Und es kann noch schlimmer kommen. Gerade habe ich einen interessanten Kommentar bei der ZEIT gelesen: „Keine Antwort schuldig“ von Vanessa Vu. Hier bin ich über einen Aspekt gefallen, über den ich bislang nicht nachgedacht habe. Es gibt Menschen, die sind aus ihrer Heimat geflüchtet. Geflüchtet weil ihr Leben in ihrem Zuhause bedroht ist. Sie haben alles aufgegeben und sich auf einen oft nicht ungefährlichen Weg in ein Leben gemacht, dass ihnen mehr Sicherheit verspricht. Die Frage nach ihrer Herkunft holt die Erinnerungen an die Heimat und an die Flucht mit den Erlebnissen, sie sicher nicht schön waren, wieder hervor. Und dazu habe ich nicht das Recht, diesen Menschen auf diese Art und Weise zu verletzen.
Wie geht man jetzt damit um? Für meinen Teil werde ich trotzdem neugierig bleiben. Aber diese Frage werde ich nicht mehr so unbekümmert stellen wie bisher. Ich werde sie mit Bedacht stellen – wenn sie angebracht ist.
Wenn es nach mir geht, wüsste ich schon die nächsten zwei Projekte ;-)