Zum Tod von Robert Enke

Um es gleich vorweg zu nehmen, dieser Post könnte partiell böse sein und wer will kann ihn auch missverstehen, aber ganz ehrlich, das ist dann nicht meine Baustelle. Ich weiß warum ich ihn in genau dieser Form schreibe und nicht anders.

Zunächst mal ist der Tod von Robert Enke eine Tragödie. Stellt sich die Frage, für wen. Wenn ich mir die Berichterstattung von heute anschaue und anhöre, Sprüche wie „Deutschland trauert“ höre, dann wird mir schlecht. Weil es einfach nicht wahr ist. Für die Angehörigen Enkes ist es eine Tragödie, gar keine Frage. Und das will und werde ich an dieser Stelle nicht in Abrede stellen.

Aber bei dem ganzen Rummel der da gemacht wird, wird auch einiges vergessen. Jeden Tag sterben in Deutschland Menschen, die sich aus Verzweiflung das Leben nehmen. Nach denen kräht kaum ein Hahn. Nur weil sie nicht so bekannt sind, nicht das zweifelhafte Glück haben im Rampenlicht zu stehen. Aber es sind Menschen, die genauso viel wert sind wie ein Nationaltorhüter. Aber wo sind deren Kondolenzbücher? Und diejenigen, die heute ihre Trauer zum Ausdruck bringen – sind das nicht auch die gleichen, die bei sportlichen Mißgeschicken auf eben jenen Torhüter geschimpft haben?

„Wir haben gar nicht gewusst, dass es ihm so schlecht ging!“ Nein, natürlich nicht. Depression ist eine Krankheit, die aber in unserer Gesellschaft nach wie vor nicht wirklich akzeptiert wird. Also geht man damit auch nicht hausieren. Unsere Gesellschaft will keine schwachen Menschen.

Apropos schwache Menschen. Das Testspiel am Samstag wurde abgesagt. Damit die Spieler ihre Trauer verarbeiten können. Sind Fußballspieler schwächer als andere Menschen? Ich kann mir kaum ein Unternehmen vorstellen, dass den Laden dicht macht, weil sich ein Mitarbeiter das Leben genommen hat. Verständnis für Trauer? Sicherlich, aber weitergearbeitet wird trotzdem.

Was ist eigentlich mit dem Lokführer? Der Menschen, der nach Enkes Familie wohl am direktesten von dem Selbstmord betroffen ist. Er hatte keine Chance, seinen Zug rechtzeitig zum stehen zu bringen. Wie übrigens viele Lokführer in unserem Land. Denn ein Suizid auf der Schiene ist bedauerlicherweise kein Einzelfall. Diese Menschen müssen für den Rest ihrer Tage mit dem Wissen leben, einen Menschen getötet zu haben. Natürlich konnten sie nichts dafür, denn einen tonnenschweren Zug hält man nicht mal eben so an. Aber nützt dieses Wissen etwas? Vielleicht denkt auch mal jemand an diese Menschen. Und an die Bergemannschaft, die sich mit dem ausgehauchten Leben auseinander setzen muss.

Robert Enke war kein Held, auch wenn der heutige Rummel um seinen Tod etwas anderes vermuten lässt. Er war ein Mensch wie Du und ich. Mit seinen ganz eigenen Sorgen und Nöten, von denen nur seine Familie und vielleicht wirkliche Freunde etwas wussten. Aber so geht es vielen Menschen. Jeden Tag und überall. Etwas, was an Tagen wie heute gern vergessen wird und ein kollektiver Aufschrei durch die Nation geht, wie so etwas sein kann. Vielleicht sollten wir unseren Mitmenschen wieder mehr Beachtung schenken und ihnen unsere Hilfe anbieten.

Möge Robert Enke seinen Frieden gefunden haben. Seiner Familie spreche ich mein Beileid aus, dem Lokführer und den Bergenden mein Mitgefühl.

6 Kommentare

  1. Gute Gedanken! Schön formuliert
    Gruss
    von
    Michael

  2. Ich sehe ja nicht immer etwas wie Du (muss ich ja auch nicht :)), aber in dem Fall kann ich nur eines: zustimmen! Hätte ich dazu etwas geschrieben, wäre es sicher ähnlich ausgefallen!

  3. Auch Dir lieben Dank. Ich hoffe nur, dass der Tod Enkes zumindest etwas Nachdenken in unsere Gesellschaft getragen hat. Der Kollege der einem gegenüber sitzt kann heftigst depressiv sein, ohne dass man es ihm ansieht. Oder die nette Verkäuferin aus dem Backshop. Aber viele trauen sich nicht, mit dem Thema an andere Menschen heranzutreten. Denn es ist ja keine sichtbare Krankheit.

  4. ! ! !
    Besser hätte man es nicht schreiben können!

  5. Ich danke Dir! Und fühl Dich mal geknuddelt.

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