Es gibt Dinge im Leben, da macht man zunächst einen Haken dran und denkt, ist für alle Zeit erledigt. Darunter gibt es aber Dinge, die mitnichten für immer in der Versenkung verschwinden, sondern einfach nur auf der Festplatte zwischen den Ohren schlummern. Manchmal werden diese Dinge dadurch getriggert, in dem man an einen bestimmten Ort zurückkehrt, der einem in der Vergangenheit so wichtig war.
So geschehen im Sommer 2017, zur Kieler Woche. Anlass war der Wunsch meiner besseren Hälfte, einmal auf einem Boot segeln zu gehen. Zumal ich ihr das eine oder andere Mal aus meiner Kindheit und Jugend erzählt habe, wenn wir im Sommer Dänemark zu Wasser unsicher gemacht haben, oder ich alltags mit meiner Jolle auf dem Maschsee die Zeit genossen habe.
So verabredeten wir uns mit meinem alten Herrn an einem Samstag, um auf der Nele, eine Great Dane 28, ein paar Schläge auf der Kieler Förde zu machen. Ablegen und Auslaufen machte noch mein Vater. Er verschwand dann zum Segelsetzen aufs Vorschiff, und bei seiner Rückkehr ins Cockpit meinte er nur „Fahr mal einfach weiter.“ Das war eigentlich nicht mein Plan, denn die Pinne hatte ich 30 Jahre nicht mehr in der Hand, viele Dinge aus meiner aktiven Seglerzeit waren verblasst. Und dann die Konstellation Kieler Förde mit dem Berufsverkehr und der Kieler Woche noch obendrauf – das schien mir optimistisch. Aber gut, Herausforderung akzeptiert. Schließlich war er ja notfalls auch noch da.
Einer meiner schönsten und wichtigsten Tage
Was soll ich sagen. Die nächsten Stunden gehörte die Pinne mir. Was sind anfänglich noch ungewohnt anfühlte, das wurde wieder vertraut. Die Nele folgte meiner Ruderlage, Routinen kamen aus den Tiefen meines Gedächtnisses wieder hervor, Geschwindigkeiten abzuschätzen, Manöver, Umfeldbeobachtung. Das alles kehrte zurück und es fühlte sich einfach großartig an, dass soviel noch da war und sich reaktivieren ließ. Auch wenn es „nur“ ein Segeltag war, er gehört sicher zu den schönsten und auch wichtigsten Tage.
Zumal dieser Tag nicht ohne Folgen blieb, mal abgesehen von dem Muskelkater den ich Tags drauf hatte. Und den Sonnenbrand. Aber egal. Mein alter Herr hat eine Lunte angezündet. Eine langsam brennende zwar, aber sie brannte. In den letzten Jahren seither wuchs immer mehr der Wunsch, wieder aufs Wasser zurückzukehren. Meine Jugend hatte ich entweder auf der Ostsee mit der Nele verbracht, oder eben auf dem Maschsee mit Opti, Flying Sailor und Pirat.
Letztes Jahr machte ich mich dann auf die Suche, erst einmal lose, um mal ein Gefühl dafür zu bekommen, was es denn so gab. Mein „Fehler“: Ich wusste, was ich wollte. Entweder an meine Jugend anknüpfen und wieder einen Piraten. Oder eine Nummer größer in Form eines Zugvogels. Bedingung war auch, es sollte ein GFK-Boot sein, da mit schlicht die Zeit für die aufwendige Pflege eines Holzbootes fehlt. Obwohl die einfach traumhaft schön sind. Mein Pirat war damals ein Holzboot, zwei Jahre älter als ich und trotz nicht trimmbaren Holzmast ziemlich schnell.
Bootssuche next Level: Entweder zu weit weg oder zu teuer
Der Markt zeigte sich sehr „übersichtlich“, entweder zu weit weg oder zu teuer. 2021 ging also ergebnislos zu Ende. In diesem Sommer lief mir zunächst ein Pirat über den Weg, der mich aber am Ende nicht final überzeugen konnte. Also weiter warten, bis – ja bis mir ein Zugvogel bei einem großen Kleinanzeigenportal vorgeschlagen wurde. Ein Vorschlag, den ich zunächst ignorierte, denn das Angebot kam aus Hessen. Nichts gegen Hessen, aber der Weg war dann doch zu weit, obwohl das Vorschaubild schon sehr ansprechend war. Ein paar Tage später, ich scrollte wieder durch das Portal, tauchte das Angebot wieder auf. Und das Boot gefiel mir einfach auf den ersten Blick. Vielleicht doch mal schauen? Auch wenn es zu weit weg war? Die Enttäuschung würde groß sein, weil es bestimmt ein passendes Boot wäre, die Preisklasse war ok. Ach was solls, also doch mal das Angebot angeklickt. Die Bilder waren wirklich ansprechend, dennoch schraubte ich meine Erwartungen zurück. Denn wie gesagt, Hessen.
Anzeigentext lesen hilft
Oder eben auch nicht. Am Ende des Beschreibungstextes stand dann die relevante Info: Das Boot liegt in der Hohwachter Bucht! Ein Zeichen? Eins von mehreren. Ein weißes Boot mit blauen Akzenten, klares like. Der aktuelle Eigner kommt aus Hessen – wie meine bessere Hälfte. Aus dem gleichen Ort, in dem liebe Freunde von uns leben. Und es liegt in Reichweite, mit Trailer. Das waren dann so viele (natürlich vollkommen objektive!) Zeichen, dass das gute Stück angeschaut werden musste.
Um es kurz zu machen, das Boot wechselte den Besitzer und ab der nächsten Saison habe ich wieder ein Segelboot unter dem Popo. Ick freue mir. Hier ein paar erste Eindrücke, und ich kann nur sagen: Willkommen in der Familie, Findus.
Wer meiner Fotoseite folgt, wird diese Bilder bereits kennen, denn sie sind Teil meines 52 Wochen-Projektes #Be_Weekly. Mehr Dopplungen wird es wahrscheinlich nicht geben, denn ich will mal schauen, ob ich dieses Blog ein wenig aus seinem Dornröschenschlaf wecken kann. Meine Vorstellung ist dabei, hier ein wenig über „Findus“ zu erzählen. Mein Fotoblog ist dafür der falsche Ort, wie ich finde, denn das ist nun einmal eine Seite mit Schwerpunkt Fotografie. Und bevor ich hier dann doch mal den Stecker ziehe, nutze ich es doch einfach weiter. Über Winter werden es sicher nicht viele Einträge, aber ich kann mir vorstellen, dass sich das zum Saisonstart ändert. Seid gespannt, ich bin es auch.
Wenn es nach mir geht, wüsste ich schon die nächsten zwei Projekte ;-)