220.000 Kilometer

Nein, ich weiß es leider nicht auf den Kilometer genau, aber ungefähr haut es hin, es können auch ein paar mehr sein. Wovon ich rede? Ich rede von meinem Schweden, meinem Saab, meinen „Wolf im Schafspelz“. Gute 14 Jahre hat er mich begleitet, nun ist es Zeit Abschied zu nehmen.

Es war 2002 als ich den 9-3 von meinem Vater übernommen habe. Knapp 73.000 Kilometer hatte er da auf der Uhr, heute sind es rund 293.000. Der 9-3, oder einfach nur „der Schwede“, ist ein echtes Familienauto. Mein Vater hat ihn 1999 als Neufahrzeug gekauft und er ist so immer in der Familie geblieben. Der Schwede ist ein auffällig unauffälliges Auto. Das unter der Haube 154 turboaufgeladene PS schlummern – nein, das sieht man ihm nicht an. Und dabei war das damals die zweitkleinste Maschine die es gab. Ein Saab ist niemals untermotorisiert. Auch die alten nicht. Das weiß nur fast keiner. Und das ist auch gut so. Man kann mit dem Auto über die Landstrasse cruisen und bei Bedarf einfach mal den Turbo arbeiten lassen wenn es ums überholen geht.

14 gemeinsame Jahre liegen hinter uns. Wir haben in den Jahren viel erlebt. Höhen, Tiefen, Veränderungen. Bestand hatte immer nur der 9-3. Damals hätte ich nicht gedacht, dass ich ihn so lange fahren würde. Eigentlich sollte er nur eine Übergangslösung sein, Liebe auf den ersten Blick war es nicht. Ich war Fan der klassischen Limousine, Fließheck war nicht meine favorisierte Karosserieform. Aber der Saab wußte zu überzeugen. Schleichend war der Prozess und irgendwann war es „mein“ Auto, das ich so schnell nicht mehr hergeben wollte. Es hat Charakter, ist ein tolles Langstreckenauto, hat Platz, der Kofferraum gefühlt „unendliche Weiten“ und als ich dann eines Tages endlich dieses „nur Limousinen sind schön“ abgelegt hatte erkannte ich die eleganten Linien. Understatement ist das Wort das einen 9-3I am besten beschreibt.

Der Schwede ist wie ich älter geworden. Ich hatte mir mal gewünscht, wir würden gemeinsam auch alt werden. Aber Wunsch und Realität lassen sich nicht immer in Einklang bringen. Die Marke Saab gibt es in meinen Augen nur noch auf dem Papier. Was die Ersatzteilversorgung nicht einfacher macht, sich in den Preisen und Lieferzeiten für die Teile niederschlägt. Für ein Auto das täglich gefahren und gebraucht wird sind das keine guten Voraussetzungen. Und auch wenn das alles keine neuen Erkenntnisse waren, so hat das Fällen dieser Entscheidung doch zwei Jahre gedauert.

Es ist nur ein Auto. Ist es das wirklich? Der eine oder andere mag sagen, klar. Aber ich weiß, dass ich nicht alleine da stehe und das gerade bei so einer „Langzeitbeziehung“ anders sehe. Der Countdown läuft unerbittlich, die letzten gemeinsamen Tage sind angebrochen, dann stelle ich ihn das letzte mal ab. Werde das letzte Mal den Zündschlüssel aus den Zündschloss zwischen den Sitzen ziehen. Beim Händler wo sein Nachfolger schon auf mich wartet. Auf den Schweden wartet eine ungewisse Zukunft. Ich hoffe das er Glück hat, dass er nicht nach Polen oder sonst wo hingeht. Ich hoffe das ihn jemand findet, der ihn in sein Herz schliesst und ihm ein neues, schönes zu Hause gibt.

Danke mein Schwede für die gemeinsame Zeit!

Nachtrag:
Der Saab hat in Flensburg ein neues Zuhause gefunden und befindet sich nun in fachkundigen Händen – was mich tierisch freut! 🙂

 

 

Ein Kommentar

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