An dieser Stelle möchte ich eine kleine Geschichte erzählen, die sich vor längerer Zeit, genauer in meinem ersten Lehrjahr zu getragen hat. Auch wenn das Ganze zunächst nicht nett begann, denke ich heute immer wieder gern daran.
Es war also mein erstes Ausbildungsjahr bei einem IT-Dienstleister und ich glaube jeder Azubi im kaufmännischen und verwaltenden Bereich durfte eins vertretungsweise tun: Telefondienst. Zumindest solange es nicht gerade ein Großkonzern ist. Waren wir nicht, sondern ein mittelständisches Unternehmen. Also waren wir Azubis halt immer wieder mal „dran“.
Einer unserer Chefs war damals eher den „lauten“ Zeitgenossen zu zurechnen. Warum das so war habe ich erst viel später erfahren. Jedenfalls muss ich zugeben, vor diesem Mann hatte ich damals regelrecht Fracksausen. Und es war einer meiner ersten Pausendienste in unserer Zentrale, als seine interne Nummer auf dem Display der Telefonanlage auftauchte. Ich sollte ihm eine Verbindung zu einem Kunden machen, dort anrufen und dann zu ihm hochstellen. An sich nichts besonderes – nur war diese Richtung der Weitervermittlung für mich das erste Mal.
Und kein Mensch weiter und breit, den ich fragen konnte, wie das in dieser Richtung wohl funktionieren mag, ob genauso wie anders herum auch, oder ob man etwas beachten musste. Man musste. Und so passierte, was passieren musste, ich rief den Kunden an, wollte dann durchstellen und in dem Augenblick als ich dann auflegte – haute ich das Gespräch in die Tonne. Folge: unmittelbar hatte ich „meinen“ Chef an der Strippe, der mich zusammenfaltete.
Da saß ich nun, kleines Häufchen Elend, und das Durchstellen der nächsten beiden Gespräche durchs Haus war dann auch ein Akt höchster Konzentration. Weil ich eben auch nicht wusste, was ich falsch gemacht hatte. Dann war sie da wieder, die Nummer vom Chef. Noch während des Griffs zum Hörer rauschten Gedanken durch meinen Schädel, was denn wohl nun kommen würde und so rechnete ich mit dem Schlimmsten. Und zog mich gedanklich warm an.
Aber es kam gänzlich anders. „Mein“ Chef ganz ruhig am anderen Ende – und hat sich in aller Form für seinen Ausbruch entschuldigt. Seine Worte werde ich wohl nie vergessen: „Herr Rohweder, es tut mir leid, Sie konnten es nicht wissen.“
Mit allem hatte ich gerechnet, aber nicht damit. Von diesem Tag an habe ich ihn mit anderen Augen gesehen. Ich hatte nicht nur Respekt vor ihm als mein Vorgesetzter, sondern vor allem auch vor ihm als Mensch.
Nur eine kleine Geschichte aus meinem Leben, aber eine wichtige Erfahrung, die ich nicht missen möchte.
Achja: danach ist mir nie wieder ein Gespräch verloren gegangen, egal in welche Richtung.
Hallo Christian,
auch wenn Dein Ex-Chef sich nicht mehr an den Vorfall erinnern kann, danke ich Dir für die Story. Ich finde es toll, dass Du Dich daran noch erinnern kannst!
Na ja, seitdem sind wir alles etwas ruhiger geworden (und auch gesetzter) aber die Fairness gegenüber den Mitarbeitern ist geblieben. Nicht umsonst haben mich viele Mitarbeiter in den letzten 20 Jahren durch unterschiedliche Firmen begleitet und sind mit „Ihrem Chef“ immer mitgegangen.
Na, wenn ich mal wieder in Kiel bin müssen wir darauf ein Glas (oder auch zwei!) leeren.
Danke und alles Gute!
Fairness ist das A & O im Umgang miteinander. Erst einmal rein vom menschlichen Faktor her und wenn man als Mitarbeiter fair behandelt wird, dann identifiziert man sich auch mehr mit „seinem“ Unternehmen. Die Motivation ist dann oft auch eine andere, auch wenn das Fahrwasser mal etwas rauh wird.
Ok, fairerweise muss ich gestehen, dass ich das Jahre später auch anders habe erleben müssen, aber keine Regel ohne Ausnahme. Also, ich freue mich schon auf die zu leerenden Gläser 😉