Obige ist mir das letzte Mal kurz nach meiner Selbständigkeit gesagt worden, seither ist viel Wasser durch den Nord-Ostsee-Kanal geflossen. Im Sommer habe ich mir das zumindest so ähnlich wieder anhören dürfen, von einem meiner Marktbegleiter. Ich war verwirrt.
Es war im vergangenen Sommer auf einer Veranstaltung, als mich ein Marktbegleiter von der Seite ansprach und meinte, ich möge mir mal über meine Preisgestaltung Gedanken machen. Auf meine verdutzte Frage wieso kam zurück, er hätte gehört, ich hätte einer Zahnarztpraxis ein Angebot für ein Komplettportrait für 120 Euro gemacht.
Aha.
Nun, es war mir zu dem Zeitpunkt neu, dass ich überhaupt einer Zahnarztpraxis ein Angebot gemacht hätte was ich meinem Gegenüber auch erklärte. Leider hatte ich für eine weitere Diskussion keine Zeit, der Pressegraben wartete und ich musste weiter. Auf mein Angebot, er möge sich noch mal per Mail melden kam erwartungsgemäß nichts. Schade eigentlich.
Aber in einer Kleinstadt geht es eben schnell, dass Gerüchte und Falschinformationen in die Welt setzen. Viel Zeit zum drüber Nachdenken hatte ich auch nicht wirklich, denn am nächsten Tag war ich schon auf dem Weg nach Leipzig. Erst danach hatte ich Zeit, mal etwas darüber nachzudenken.
120 Euro für ein Komplettportrait – wie soll das funktionieren? Vielleicht in einer halben Stunde schnell durchziehen mit einer Ritschratschklick. Könnte gehen. Bilder gibts dann als Webauflösung zum download. Machbar. Aber will der Kunde das? Und: will ich das? Zumindest was mich angeht kann ich das verneinen. Ich verstehe mich in erster Linie als Dienstleister, denn so habe ich das in meiner Ausbildung gelernt und danach auch so weiter gelebt. Denn nur ein zufriedener Kunde zahlt meine Rechnung und kommt auch wieder. Dafür darf er dann auch Qualität erwarten, die umgekehrt wieder ihren Preis hat. Und das obige Beispiel funktioniert so einfach nicht.
Vielleicht war es aber auch nur der plumpe Versuch heraus zu finden, wie ich meine Preise mache, da es auf meiner Webseite keine Preisliste gibt. Kann es auch nicht, denn bei mir gibt es nichts von der Stange. Angebote mache ich nach den Bedürfnissen des Kunden. Zur Zeit mit einer kleinen Ausnahme: Momentan habe ich noch ein kleines Einstiegspaket im Angebot, allerdings fliegt das zum Jahreswechsel vermutlich raus. Es macht mich nicht so richtig glücklich, weil es halt etwas von der Stange ist. Und dagegen wehre ich mich eigentlich seit ich Dienstleister bin. Jeder Kunde ist anders und hat seine individuellen Bedürfnisse und Anforderungen. Und mein Anspruch ist halt genau dem Rechnung zu tragen.
Zu billig? Meist haben die regionalen Claim-Vertreter (claim engl. Behauptung, Anspruch) vitales Interesse, das sich nichts ändert. Wenn der Kunde zu Dir kommt. Und, Du Dein Foto schiesst. Was ist an 30 Minuten (Stundensatz von 240€) auszusetzen? PS. Wünsche Dir täglich solche Kunden..
Naja, auszusetzen ist, dass in 30 Minuten kein qualitatives gutes Komplettportrait realisierbar ist, selbst bei kleinen Praxen. Zumal ja auch noch mehr Dinge einkalkuliert werden müssen als das bloße Shooting. Von daher ist ein 120-Euro-Shooting mit einem Mindestmaß an den Qualitätsanspruch für jemanden, der von der Fotografie leben soll, einfach nicht darstellbar. Wenn ich Vollzeitangestellter bin und so etwas als Hobby nebenher mache, dann sieht das natürlich anders aus.
Zum Glück sagt die Dauer des Shootings nichts über seine Qualität aus. Gute Bilder entstehen innerhalb eines Bruchteil eines Augenblicks.
Es gibt Bilder auf die trifft das zu, keine Frage. Sich allerdings darauf zu verlassen ist in der Auftragsfotografie purer Leichtsinn. Gerade wenn es darum geht, Motivwünsche des Kunden zielgerichtet umzusetzen muss da Zeit investiert werden. Und das zieht ein Shooting einfach in die Länge.